9. Spieltag: DJK Unitas Haan II – LTV Wuppertal I 24:26 (10:11)

Die unterschiedlichen Auffassungen von „schönem“ Spiel, die Bedeutung von Leidenschaft und aus dem Nichts kommendem Selbstvertrauen und wie eine eigentlich gute Leistung doch zum Flop des Tages führen kann, lehren wir heute. Erstaunliche Randnotiz: Die Wuppertaler reisten trotz Ihrer mit der Schwebebahn verschmolzenen Herkunft mit dem Buss an (thihihihi).

 War was? – Ausgangslage

Nach einer erschreckenden Leistung der Unitas im vorhergehenden Auswärtsspiel in Mülheim, bei dem die ganze Mannschaft ihr Leistungsniveau zu keinem Zeitpunkt erreichen konnte, stand heute das Spiel gegen den bisher ungeschlagenen Spitzenreiter aus Wuppertal an. Im Vorjahr hatten sich die Zweitvertretungen der Unitas und des LTV zwei packende Duelle geboten, von denen eines sogar wiederholt werden musste, da die Schiedsrichter eine nachweislich nicht gültige Entscheidung getroffen hatten. Ob das Spiel auch dieses Jahr, dieses Mal gegen die Erste aus der Stadt der fliegenden Züge, so kampfbetont und nur mit mannschaftlicher Geschlossenheit laufen würde, durfte im Vorfeld bezweifelt werden. Neben den Langzeitverletzten Stefan Panthel und Moritz Ziegler, dem fernreisenden Michael Frorath sowie Dennis Hahn dem Baumeister, hatte Trainer Christian Schmahl auch für die Lena Gercke des Handballs Frank Kleine-Boymann kein Foto für dieses Wochenende übrig. (Der Vergleich liegt neben der Schönheit selbstverständlich wegen der beim Model vermutlich ebenfalls nicht in Massen vorhandenen Wurfkraft auf der Hand.)

Spielverlauf

So ging es also mit einem abermals veränderten Innenblock in die Partie. Der zwischenzeitlich zum Baseball abgedriftete und nun wiederbekehrte Maximilian Blau, dessen Mitwirken wir hier ausdrücklich betonen wollen, bildete mit Turnvater Philipp Eichhorn das zentrale Pärchen der Defensive. Handballerische Finesse, überlegte Abschlüsse und das Auge für den besseren (bewusst nicht: besser postierten, sondern besseren) Mitspieler sind allesamt Eigenschaften, über die diese beiden Defensivfleischwölfe nicht verfügen. Dafür können sie beherzt zupacken, was gegen die Überoffensive der Liga für Sicherheit vor dem eigenen Tor sorgen sollte. Wechselweise wurde der Innenblock durch die ebenfalls semifeligranen Nick Blau, Kevin Thomé und Philip Schmalbuch auf den Halbpositionen und verschiedenen, aggressiv vorpreschenden Außen unterstützt.

Dass der Fokus im Spiel auf konzentrierter defensiver Arbeit liegen sollte, war in der Herangehensweise der Unitas schon früh zu erkennen. Zwei schnelle gelbe Karten für Nick Blau, der in seiner Jugend neben der Supernanny auch die härtesten Eltern der Welt zur Verzweiflung gebracht hat und Schmalbuch, den seine Eltern beim einjährigen Auslandsaustausch so sehr unterstützten, dass Sie ihn gleich drei Jahre lang nicht abholten, waren neben zahlreichen unterbrochenen Angriffsbemühungen der Gäste ein erster Fingerzeig, dass die Punkte heute nicht ohne Kampf erwirtschaftet werden würden. Jede Unterbrechung der gegnerischen Versuche und jeden Ballgewinn feierten die Grün-Weißen wie ein eigenes Tor. Dazu baute der Gastgeber seine Angriffe gegen die offensive 3-2-1 Defensive der Wuppertaler mit Bedacht und Geduld für den richtigen Moment auf. Die langen Angriffe auf beiden Seiten führten zu einer entsprechend torarmen, aber keineswegs langweiligen Anfangsphase, sodass es nach dem ersten Halbzeitdrittel 3:3 stand.

Immer wieder schaffte es die Unitas die spielerische Klasse und das vom Wuppertaler Trainer Jens Buss eigens geforderte und unter der Woche eigens trainierte Tempospiel zu unterbrechen. Der frühe Wechsel des Kreisläufers und die damit einhergehende Unzufriedenheit auf der Seite der Gäste waren das erste Kompliment an die heimische Abwehrreihe. Über 5:5 und 8:8 vermochte die Unitas auch in der Offensive zu gefallen und immer wieder kleine Rückstände zu egalisieren. Die komplette Klasse der Wuppertaler zu unterbinden, wird jedoch über ein gesamtes Spiel in dieser Liga wohl keinem gelingen. Ein Beispiel dafür war der schönste Angriff des gesamten Spiels, als Eichhorn den Kreisläufer bereits festgemacht hatte, dieser den Ball allerdings auf den einlaufenden Rechtsaußen abtropfen ließ. Nach einem weiteren Zuspiel in den Rückraum und dem von dort folgenden blitzschnellen Pass zum Linksaußen, musste Nils Völker den Ball aus den eigenen Maschen holen. Nichtsdestotrotz verfestigte sich das über weiter Strecken des ersten Durchgangs defensiv geprägte Bild und so ging es folgerichtig mit nur 21 Toren in die Halbzeit (10:11).

Nach Wiederbeginn egalisierte Stefan Daukantas mit einer schönen Finte im Eins gegen Eins auf Rechtsaußen zunächst. Erst jetzt ließ die Unitas eine längere offensive Flaute folgen, die im Nachhinein einen Punktgewinn kosten sollte. Die Wuppertaler, bei denen die Namensvetter Florian Hilbrich (8) und Lepper (6) besonders herausstachen, vermochten in dieser ersten Phase der zweiten Halbzeit ein etwas größeres Polster auf die Haaner anzulegen, als sie erstmals mit etwas mehr Tempo auf die Haaner Abwehr zugingen. Zudem setzte der Gast vermehrt auf die Anwendung eines zusätzlichen Feldspielers durch Herausnahme des eigenen Schlussmannes. In dieser forcierten Überzahlsituation vermochten die Spitzenreiter ihre aufgrund des fehlenden Harzeinsatzes aufkommenden Krokodilstränchen zu verstecken und die Haaner Mannschaft in eine Phase der Hektik zu stürzen. Christian Schmahl erkannte diese kurze Unsicherheit und wirkte in einem Teamtimeout auf seine Schützlinge ein. Beim zwischenzeitlichen Stand von 11:16 forderte er erneut Disziplin und Mut von seiner Mannschaft, die in der Folge wieder mehr Ruhe fand. Immer wieder konnte die Unitas den Rückstand auf 3 Tore verkürzen (15:18 bis 20:23) und zeigte nach ersten verunsicherten acht Minuten in Halbzeit zwei eine sehr ansprechende Leistung. Selbst die über weite Strecken in Überzahl agierende Gastmannschaft wurde immer wieder ins gebundene Spiel gezwungen und fand partout ihren Kreisläufer nicht. So wurde der Gast vermehrt in willensgetriebene Einzelaktionen gepresst, die bei hohem Tempo erfolgsversprechend waren, aber eben auch oft genug unterbunden werden konnten. Erst beim Stand des besagten 20:23 leistete sich die Unitas einen Anspielfehler vom Rückraum auf den Kreisläufer, der im Tempogegenstoß zum 20:24 endete. Der anschließend freigespielte Außen Christian Horn wurde zum mutigen Unglücksraben, als er im Folgeangriff den alten Abstand wiederherstellen wollte und stattdessen den Torhüter traf. Dieser Fehlwurf war zwar nicht spielentscheidend, da die ersten verschlafenen Minuten nach der Halbzeit immernoch zu sehr auf das Torverhältnis drückten, der LTV zog aber auf 20:25 davon und konnte der Schlussphase entspannter entgegenblicken.

Mit Hilfe einer offenen Deckung ließ Schmahl nichts unversucht und konnte den Gast tatsächlich noch einmal unter Druck setzen. Die letzte Drei-Tore-Folge kam jedoch zu spät und führte nur noch zur weiteren Kosmetik eines ohnehin hübsch anzuschauenden Ergebnisses, für das Christian Schmahl durchaus ein Foto übrig gehabt haben dürfte (24:26). Zum Handshake nach dem Spiel jedenfalls trafen sich ein sichtlich angefressener und ein in weiten Teilen zufriedener Trainer. Der partiell überlieferte Dialog:

A: „Schönes Spiel“

B: „Das kannst du jetzt nicht ernst meinen“

Wir verraten mal nicht, wer was gesagt hat.

Fazit

Die Unitas zeigt eine bemerkenswerte Reaktion auf die vielseitige und gerechtfertigte, aber eben auch konstruktive Kritik nach dem Auswärtsspiel in der Vorwoche. Christian Schmahls Taktik greift nahezu vollumfänglich und ist beinahe der Schlüssel zum überraschenden Erfolg. Am Ende entscheidet eine kurze Phase des fehlenden Selbstvertrauens das Spiel zu Ungunsten der Unitas, die einen starken Gegner für zwei weitere Punkte auf dem Weg zum Aufstieg hart arbeiten lässt. Alles in allem kann sich der Liganeuling über ein starkes letztes Heimspiel im Kalenderjahr 2016 gegen den Tabellenprimus freuen.

Sternchen des Tages

Christian Schmahl, seine Taktik und der Defensivverbund. 36, 35, 38, 32, 35, 33, 30, 30. 269 Tore in 8 Spielen ergeben einen Durchschnitt von 33,625 Treffern pro Spiel. Anstatt wie ein verrückter Lottogewinner in der Serie Lost in Panik die Zahlen in der Dauerschleife zu wiederholen, arbeitete Trainer Christian Schmahl eine vorzügliche Taktik heraus und bereitete seine Spieler auch emotional herausragend vor. Einige mögen ein Déjà-vu zur Vorsaison gehabt haben, als der stärkste Angriff der Landesliga, damals vom LTV II, sich in Haan extrem schwer tat. Max Blau und Philipp Eichhorn bildeten einen starken Innenblock, der von aggressiven, spritzigen Außen und hilfsbereiten Halben in wechselnder Besetzung unterstützt wurde, sodass der Wuppertaler Angriff bis auf wenige tempo- und glanzvolle Momente kaum zur Entfaltung kam. 26 Gegentore am Ende sagen mehr als 1000 Worte und sind zumindest ligaweit ein bisher nicht erreichtes Statement.

Flop des Tages

Nils Völker. In der letzten Woche noch agil wie ein Öltanker mit ausgefallenem Ortungssystem, bot Völker heute eine ansprechende Leistung und hielt seine Mannschaft auch durch gehaltene Tempogegenstöße im Spiel. Zeigte sich dazu deutlich verbessert im Zusammenspiel mit der stark aufgelegten Abwehr. Musste jedoch sein erstes Tor im neuen Trikot verzeichnen und kann von Glück reden, dass der Bierwart ihm nicht auch noch ein „Verweigern“ für seinen vorherigen Fehlwurf auf das leere Tor notierte. Ebenfalls schwach: Benedikt Konrad, der nur 2-3 Bälle mehr hätte halten müssen, damit es zum (doppelten) Punktgewinn gereicht hätte. Auf den Punkt gebracht: Mit einem Ruben Heinrichsdorff wäre das nicht passiert.

Hat der nicht gesagt

Christian Schmahl zeigte sich zufrieden mit der Reaktion auf das vorherige Spiel: „Ich bin heute stolz auf meine Mannschaft. Wir haben sehr diszipliniert und leidenschaftlich unseren Plan verfolgt und die vielleicht stärkste Mannschaft der Liga zeitweise vor ein Rätsel gestellt. Das war eines der besten Spiele unter meiner Leitung und steht in krassem Gegensatz zum Auswärtsspiel in Mülheim. Für heute ist es schade, dass wir uns für die Tabelle nicht belohnen konnten, aber wenn wir es schaffen, eine solche Leistung regelmäßig abzurufen, wird das nicht mehr allzu lange dauern.“

Ausblick

Die Spiele in den kommenden Wochen bis zur Winterpause werden laut Tabelle nicht viel leichter. Bevor die Unitas das Aufstiegsjahr in Essen beim MTG Horst beschließt, geht es noch nach Ratingen.

Geschlagene Kämpfer:

Benedikt Konrad (Tor), Nils Völker (Tor, 1), Philip Schmalbuch (7; 5x7m), Christos Bergs (3), Nick Blau (3), Philip Eichhorn (2), Maximilian Blau (2), Kevin Thomé (2), Christian Horn (2), Jonas Balint (1), Stefan Daukantas (1), Christian Peters, Robin Bohlmann.